Nach den gestrigen Veröffentlichungen auf Wikileaks herrscht heute in den Systemmedien ein beredetes Schweigen. Manche behandeln Nebenkriegsschauplätze wie die Einschätzungen von Merkel und Westerwelle, andere sind einfach verstummt. Keiner greift den eigentlichen Hammer der Veröffentlichung auf und berichtet ernsthaft über den Spion, der die Koalitionverhandlungen verriet. Hätte der gleiche Spion die Russen als Auftraggeber gehabt, wäre wohl ein hysterischer Aufschrei erfolgt, aber für die USA zu spionieren scheint legal zu sein. Auch in der Bloggerszene ist es erstaunlich ruhig. Lediglich Mein Parteibuch.com greift die Dinge richtig auf:
Sehr schön. Durch die geleakten US Botschaftsdepeschen wurde ein US-Spion in der Führung der FDP enttarnt. In einer geleakten Depesche heißt es:
A well-placed FDP source said that on the first day of coalition negotiations (October 5) between the CDU, CSU and the FDP, FDP leader Westerwelle argued for the removal of the remaining non-strategic nuclear weapons from German soil. … He provided Emboffs with a list of the membership of the negotiations plenary and working groups as well as timetable. … Source serves as his party’s notetaker for the negotiations and has been a long-standing close Embassy contact. … FDP source is a young, up-and-coming party loyalist, who has offered Emboffs internal party documents in the past. Excited with his role as FDP negotiations notetaker, he seemed happy to share his observations and insights and read to us directly from his notes. He also provided copies of documents from his “negotiations” binder.
Auf gut deutsch: ein hochrangiges FDP-Mitglied verrät seit geraumer Zeit massenhaft Geheimnisse der Regierung im Detail und mit Kopien von Dokumenten an die US-Botschaft.
Der Spion ist jung und aufstrebend. Er war bei den Koalitionsverhandlungen über die schwarz-gelbe Regierungsbildung 2009 dabei. Und nicht nur das, das wohlplatzierte FDP-Mitglied schien entzückt in der dortigen Rolle als Schriftführer und hat die Protokolle der Koalitionsverhandlungen prompt kopiert und an die USA übergeben.
Laut Botschaftsdepesche haben die Koalitionsverhandlungen auf Seiten der FDP folgende neun Personen geführt:
Plenary Members from the FDP: Party Chair Guido Westerwelle, FDP Secretary General Dirk Niebel, Bundestag Vice President Hermann Otto Solms, FDP Deputy Caucus Chairperson Birgit Homburger, Lower Saxony Minister for Economics Philipp Roesler, FDP deputy chair Rainer Bruederle, Deputy Minister President for NRW Andreas Pinkwart, Deputy Chairperson Bundestag Education Committee Cornelia Pieper, Bavaria State Chairperson Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.
Diese Angabe über die teilnehmenden Personen deckt sich mit einer damaligen Meldung auf der Webseite der FDP. Nun die Gretchenfrage: auf welche dieser neun Personen trifft die Beschreibung jung und aufstrebend in besonderem Maße zu? Oder andersherum gefragt: auf wen passt diese Beschreibung besser als auf Philipp Rösler?
Das heißt natürlich nicht, dass die “wohlplatzierte FDP-Quelle” der Depesche Philipp Rösler ist. Wer aber nun noch herausbekommt, wer bei den Koalitionsverhandlungen den Schriftführer der FDP gemacht hat, der dürfte der Frage, von welchem Spion hier die Rede ist, einen gewaltigen Schritt nähergekommen sein.
Nein im Moment ist noch nicht bewiesen, dass Rösler der US-Spion ist. Merkwürdigerweise gibt es auch kein Statement der FDP , wer den Schriftführer der FDP bei den Koalitionsverhandlungen gemacht hat, was ja den Minister Rösler schützen und entlasten würde, sofern man der FDP überhaupt glaubt, was nur die wenigsten tun werden. Andererseits ist ein fehlendes Dementi oft ein Eingeständnis.
Dabei ist es bedeutungslos ob Rösler nun die Koalitionsverhandlungen verraten hat, oder ob es ein anderer war, wenn es nur um die Koalitionsverhandlungen geht. Wenn es aber um Deutschland geht, dann stellt sich eine vollständig andere Frage. Niemand wird von heute auf morgen zum Agenten. Da muss es eine Anwerbungsphase gegeben haben, da muss einfach auch vor den Koalitionsverhandlungen Material geflossen sein und selbstverständlich wird es weiterfließen. Es gibt keine Teilzeitspione. Das ist ein Job in dem man auf immer und ewig gefangen bleibt. Solche Arbeitsverhältnisse enden nur mit dem Tod.
Wenn Rösler der US-Spion ist, wofür vieles spricht, bedeutet das, dass alles was im Kabinett besprochen wird, am nächsten Tag bei den Amerikanern ist. Das heißt, dass anders als bei Guillaume-Affäre die unter anderem zum Rücktritt von Willy Brandt führte, ein echtes Desaster eingetreten ist. Günther Guillaume hatte der DDR kaum etwas von nachrichtendienstlichem Wert zu liefern, das meiste war einfach nur das Gerede über Brandt. Rösler hat da ganze andere Möglichkeiten.
Viele Beobachter wundern sich schon seit einiger Zeit, dass die Politik der Kanzlerin, die doch früher ein so gutes Gespür für die Haltung der USA hatte, plötzlich nicht mehr greift. Viele versuchten den Präsidenten Obama dafür verantwortlich zu machen. Mit Rösler als US-Spion lägen die Dinge plötzlich ganz anders. Die USA wissen schon bevor die Kanzlerin spricht, wohin die Reise gehen soll und kennen natürlich auch die Minimalforderungen. Nichts ist einfacher als die Kanzlerin auf diese Position herabzudrücken und plötzlich erklären sich auch die ständigen Niederlagen der deutschen Außenpolitik.
Da ist es doch leicht vorstellbar, dass die USA ihren Agenten auch auf den sozialen Frieden in Deutschland ansetzen. Wer die Politik Röslers verfolgt hat, kann feststellen, dass er alles tut um den sozialen Frieden in Deutschland zu zerstören. Er fördert die unsolidarischen Privatversicherungen und zerstört systematisch und mit guten Detailkenntnissen die sozialen Sicherungssysteme, um die Arbeitnehmer aller Zukunft und aller Hoffnungen zu berauben. weiterlesen...
Geschrieben von Jochen Hoff
Quelle: http://www.duckhome.de/tb/archives/8641-Philipp-Roesler-Der-Spion-der-die-soziale-Kaelte-brachte.html
Update 04.12.2010
US-Informant aus der FDP ist identifiziert --> http://www.welt.de/politik/deutschland/article11351169/US-Informant-aus-der-FDP-ist-identifiziert.html