(Sobald die Urteilsbegründung vom BVwfG veröffentlicht wurde folgt von unserem Juristen eine Erklärung dazu. )
Rundfunkbeitrag für private Haushalte mit dem Grundgesetz vereinbar
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nach mündlichen
Verhandlungen am 16./17. März 2016 in insgesamt 18
Revisionsverfahren entschieden, dass der Rundfunkbeitrag für
private Haushalte verfassungsgemäß erhoben wird. Einzige Chance wäre noch auf EU Ebene zu klagen.
Nach
dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag der Länder wird seit dem 1.
Januar 2013 für jede Wohnung ein einheitlicher Rundfunkbeitrag
erhoben, der von den volljährigen Bewohnern zu bezahlen ist.
Der Rundfunkbeitrag hat die frühere Rundfunkgebühr abgelöst,
die anfiel, wenn ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang
bereitgehalten wurde. Von der Beitragszahlung wird auf Antrag
aus bestimmten sozialen Gründen sowie bei objektiver
Unmöglichkeit des Rundfunkempfangs in der Wohnung befreit. Eine
Befreiung wegen fehlenden Besitzes eines Empfangsgeräts ist
nicht vorgesehen. Die Beitragshöhe ist im
Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag entsprechend dem
jeweiligen Vorschlag der unabhängigen Kommission zur
Ermittlung und Überprüfung des Finanzbedarfs (KEF) zunächst auf
17,98 € im Monat, seit 2015 auf 17,50 € im Monat festgesetzt. Die
Kläger haben Bescheide, in denen die beklagten
Rundfunkanstalten rückständige Beiträge festgesetzt haben,
vor allem mit der Begründung angefochten, nicht im Besitz eines
Rundfunkempfangsgeräts zu sein. Ihre Klagen haben in den
Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
Das
Bundesverwaltungsgericht hat die Revisionen der Kläger gegen
die Berufungsurteile zurückgewiesen. Die
Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Rundfunkrecht
umfasst auch die Regelungsbefugnis für den Rundfunkbeitrag. Die
Kompetenzregelungen der Finanzverfassung des Grundgesetzes
sind nicht anwendbar, weil es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht
um eine Steuer, sondern um eine rundfunkspezifische
nichtsteuerliche Abgabe handelt. Der Rundfunkbeitrag wird
nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als
Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die
öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können.
Das Beitragsaufkommen wird nicht in die Haushalte der Länder
eingestellt, um die vom Haushaltsgesetzgeber bestimmten
Gemeinlasten zu finanzieren. Nach dem
Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dient es der funktionsgerechten
Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Demzufolge legt der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag fest,
dass Überschüsse vom Finanzbedarf für die folgende zweijährige
Beitragsperiode abgezogen werden.
Für diese Art der
nichtsteuerlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks besteht die verfassungsrechtlich notwendige
besondere Rechtfertigung. Dies folgt zum einen daraus, dass der
Rundfunkbeitrag den Vorteil der Rundfunkempfangsmöglichkeit
abgilt. Die Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung ist
geeignet, diesen Vorteil zu erfassen. Die Annahme, dass
Rundfunkprogramme typischerweise in Wohnungen empfangen
werden, hält sich innerhalb des gesetzgeberischen
Gestaltungsspielraums, weil nach den Erhebungen des
Statistischen Bundesamts weit über 90 % der privaten Haushalte
mit Fernsehgeräten ausgestattet sind. Auch mussten die
Landesgesetzgeber nicht an der geräteabhängigen
Rundfunkgebühr festhalten, weil deren Vereinbarkeit mit dem
Verfassungsgebot der Abgabengerechtigkeit zumindest
zweifelhaft war. Insbesondere die Verbreitung
multifunktionaler Empfangsgeräte führte dazu, dass das
gebührenpflichtige Bereithalten eines Empfangsgeräts gegen
den Willen der Besitzer nicht mehr festgestellt werden konnte.
Zum anderen stellt die Erhebung einer nichtsteuerlichen
Abgabe nach der bindenden Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts die dem öffentlich-rechtlichen
Rundfunk gemäße Finanzierung dar. Das
Bundesverfassungsgericht geht davon aus, dass die
Rundfunkanstalten dadurch in die Lage versetzt werden, den
klassischen, der Vielfaltsicherung verpflichteten
Rundfunkauftrag unter den Bedingungen der dualen
Rundfunkordnung zu erfüllen, ohne in eine mit der
Rundfunkfreiheit unvereinbare, weil die Vielfalt gefährdende
Abhängigkeit von Werbeeinnahmen oder staatlichen Zuschüssen
zu geraten.
Nach alledem ist es verfassungsrechtlich
nicht geboten, eine Befreiungsmöglichkeit bei fehlendem
Gerätebesitz zu eröffnen. Dies würde das gesetzliche Ziel, eine
möglichst gleichmäßige Erhebung des Beitrags zu
gewährleisten, konterkarieren. Hinzu kommt, dass der Nachweis,
nicht über ein Empfangsgerät zu verfügen, aufgrund der
technischen Entwicklung mit angemessenem Aufwand nicht mehr
verlässlich erbracht werden kann.
Die Anknüpfung der
Beitragspflicht an die Wohnung verstößt nicht zu Lasten der
Personen, die eine Wohnung alleine innehaben, gegen das Gebot
der Gleichbehandlung, weil hierfür ein hinreichender sachlicher
Grund besteht: Die Wohnung stellt den typischen Ort des
Programmempfangs dar und ermöglicht es, die Beiträge ohne
tatsächlichen Ermittlungsaufwand zu erheben. Darauf durften
die Landesgesetzgeber angesichts der Vielzahl der
beitragsrelevanten Sachverhalte, der Häufigkeit der
Beitragserhebung und der Beitragshöhe abstellen.
BVerwG 6 C 6.15 - Urteil vom 18. März 2016
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